Sumpfschildkröte, Feuersalamander, Ringelnatter, Springfrosch, Zauneidechse

Merkblatt
Amphibienkrankheiten im Freiland und deren Eindämmung

von Amadeus Plewnia

Einführung zur Thematik

Weitere Einzelheiten und Abbildungen finden Sie im vollständigen Merkblatt.
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Während die klassischen Gefährdungsfaktoren für Amphibien, von Lebens­raumverlust bis zum Straßentod, schon lange bekannt sind und weitgehend Berücksichtigung im Artenschutz finden, rücken Krankheiten mit seuchen­haftem Verlauf zumindest in Bayern erst in den letzten Jahren in den Fokus des Betrachters. Invasive Pathogene stellen jedoch eine immense Bedrohung für die heimische Herpetofauna, insbesondere für Amphibien, dar und lassen sich dabei kaum durch menschliche Aktivitäten aufhalten (Lötters et al. 2009). Vielmehr besteht oftmals ein großes Risiko, dass Erreger vom Menschen unbewusst über große Distanzen verschleppt werden und in der Folge die neu infizierten Populationen unaufhaltsam an den Rand des Aussterbens gebracht werden.

Der folgende Abschnitt soll daher die naturschutzfachlich relevantesten Erkrankungen (sogenannte Emerging Infectious Diseases) der Amphibien vorstellen und auch aufzeigen, wie man selbst mit einfachen Hygieneregeln deren anthropogene Ausbreitung effektiv verhindern kann.

Bereits in den 1980er Jahren kam es zu überregionalen Massensterben der Amphibienfauna Mittelamerikas und Australiens. Obwohl sich diese innerhalb weniger Jahre nahezu global wiederholten und auch Populationen in unbe­rührten Lebensräumen betroffen waren, blieben die Gründe lange unklar. Erst Ende der 1990er Jahre konnte dann ein Pathogen aus der Haut sterbender Frösche isoliert werden: Der Chytridpilz Batrachochytrium dendrobatidis (Longcore et al. 1999).

Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) (siehe pdf S. 4) ist heute auf allen von Amphibien bewohnten Kontinenten nachgewiesen und kann außerhalb seines natürlichen Verbreitungsgebiets in Teilen Asiens als invasives Pathogen betrachtet werden, wo es bereits zum völligen Aussterben oder massiven Bestandseinbrüchen bei mehreren hundert Amphibienarten geführt hat (Scheele et al. 2019).

Während Bd seine verheerende Wirkung vor allem in den Tropen zeigt, ist Deutschland inzwischen zum internationalen Hotspot eines zweiten amphibien­pathogenen Chytridpilzes geworden: Batrachochytrium salamandri­vorans (Bsal) (siehe pdf S. 6) (Martel et al. 2013) stammt auch aus Asien und befällt vornehmlich Schwanzlurche. Inzwischen weiß man, dass Bsal mindestens seit 2004 in Deutschland vorkommt (Lötters et al. 2020b). Bis vor kurzem war die allochthone Verbreitung des Pathogens auf die Eifel, das Ruhrgebiet sowie die grenznahen Regionen Belgiens und der Niederlande beschränkt (Dalbeck et al. 2018); jüngst liegen jedoch auch zwei Nachweise aus Bayern vor: Aus dem Steigerwald nördlich von Ebrach (Thein et al. 2020) und aus dem Raum Memmingen (Schmeller et al. 2020).

Eine Infektion mit Bsal führt bei heimischen Schwanzlurchen meist innerhalb kurzer Zeit zum Tod, auch wenn sich die heimischen Arten hinsichtlich ihrer Widerstandsfähigkeit unterscheiden.

Neben den beiden Chytridpilzen werden Amphibien von einer Vielzahl weiterer Krankheitserreger befallen, die aber nur selten eine Bedrohung für ganze Populationen darstellen. Größere Massensterben wurden allerdings auch in Deutschland durch die global verbreiteten Ranaviren (siehe pdf S. 8) ausgelöst.

Untersuchungen aus Spanien lassen vermuten, dass Ranaviren in freier Wild­bahn auch von Amphibien auf Reptilien übertragen werden können (Allain & Duffus 2019). Reptilien werden jedoch nicht nur durch Ranaviren bedroht: Auch von Schlangen konnte ein Pilz isoliert werden, der die Haut befällt. Diese als Snake Fungal Disease bekannte Krankheit wird von Ophidiomyces ophiodiicola) hervorgerufen und ist vornehmlich aus Nordamerika bekannt. In den letzten Jahren konnte sie jedoch auch von Ringelnattern (Natrix natrix, Kreuzottern (Vipera berus) und Würfelnattern (Natrix tesselata) in Europa nachgewiesen werden, auch wenn es noch keinen Freiland-Nachweis aus Deutschland gibt. Molekular- genetische Untersuchungen zeigen jedoch ein langsameres Wachstum des europäischen Stamms (FrankLinos et al. 2017). Symptome umfassen braune Verfärbungen und Verdickungen der Haut, Häu­tungs­probleme und Nekrosen sowie Verformungen der Schuppen. Betroffene Exemplare magern oft ab und es zeigt sich eine erhöhte Mortalität (Meier et al. 2018). Über den Effekt auf Populationsebene sowie die Übertragungswege bei heimischen Arten ist jedoch kaum etwas bekannt. Letztlich bleibt abzuwarten, ob sich die Krankheit überhaupt in Bayern nachweisen lässt und welche Maß­nahmen gegen ihre Verbreitung getroffen werden können.

Weitere Erkrankungen:
Myiasis (siehe pdf S. 9 )
Chromomykose (siehe pdf S. 10)



Hygiene in der Feldherpetologie

Um nun selbst, sei es als Feldherpetologe, ehrenamtlicher im Naturschutz oder Naturbeobachter nicht dazu beizutragen, diese Pathogene zu verbreiten, soll­ten sämtliche Ausrüstungsgegenstände, die Kontakt zu Amphibien­lebens­räumen hatten, desinfiziert werden. Hierzu zählen beispielsweise Schuhe, Kescher, Froschzäune und Fangeimer etc.

Zum Abtöten der Sporen von Bd reicht es theoretisch aus, diese vollständig trocknen zu lassen wie auch im Hygieneprotokoll des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) beschrieben. Da dies aber nur Bd und nicht die trocken­heits­toleranten Sporen des Bsal (siehe unten) abtötet, ist zum aktuellen Zeitpunkt eine Desinfektion mit z.B. Virkon® S deutlich sinnvoller. Detaillierte Desinfektionsregime finden sich unter den unten angegebenen Links.

Beim direkten Umgang mit Amphibien (wenn dieser nicht vermieden werden kann) sollten grundsätzlich Einweghandschuhe getragen werden, die nach jedem einzelnen Individuum gewechselt werden müssen. Eine Desinfektion sollte auch bei Ortswechseln über nur geringe Distanzen durchgeführt werden, da neueste Studien zeigen, dass sich Chytridpilze nicht zwingend in direkt benachbarte (Sub-) Populationen ausbreiten (Lötters et al. 2020a). Besonders bewährt hat es sich, die Desinfektionslösung in Sprühflaschen zu füllen, um auch Autoreifen und Schuhprofile ausreichend benetzen zu können.

Strikte Desinfektion scheint derzeit die beste Lösung, die anthropogene Pathogenausbreitung zu unterbinden (Foto: Amadeus Plewnia)

Links zu Hygieneprotokollen:

externer Link: BayLfU Bayerisches Landesamt für Umwelt

externer Link Gemeinsames Protokoll verschiedener Organisationen

externer Link Universität Trier und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW
externer Link Anhang hierzu


Wer selbst (tropische) Amphibien hält, sollte diese regelmäßig veterinär­medizi­nisch testen lassen und alle Abfälle und Wasser aus den Terrarien desinfizieren.


Literatur:
siehe  interner Link  pdf-Datei interner Link

 

 

 


letzte Aktualisierung: 20. Juni 2022